Inside IS – Jürgen Todenhöfers Buch zur Terrororganisation

Freitag, 18. Dezember 2015 | 

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Der an der Universität Freiburg promovierte Jurist und ehemalige Bundestagsabgeordnete Jürgen Todenhöfer reiste als erster westlicher Journalist durch vom sogenannten Islamischen Staates (IS) besetzte Gebiete. Diese Erfahrung beschrieb er in seinem Buch „Inside IS – 10 Tage im ‚Islamischen Staat‘ und belebte damit während der vergangenen Monate die Diskussion im deutschsprachigen Raum.

Jürgen Todenhöfer: "Inside IS - 10 Tage im Islamischen Staat", C. Bertelsmann Verlag, 17,90 €.
Jürgen Todenhöfer: “Inside IS – 10 Tage im Islamischen Staat”, C. Bertelsmann Verlag, 17,90 €.

Der Terror des Islamischen Staates (IS) hält die Welt in Atem. 2014 rückte der IS in den Fokus der Weltöffentlichkeit durch die überraschende Einnahme der Millionenstadt Mosul nördlich von Bagdad und die Verfolgung, Tötung und Versklavung Andersgläubiger, vor allem von Schiiten und Jesiden sowie durch Terroranschläge weltweit. Der Publizist Dr. Jürgen Todenhöfer, ehemaliger Medienmanager und CDU-Bundestagsabgeordneter, reiste auf Einladung des selbsternannten Kalifen Abu Bakr al-Baghdadi durch das eroberte Gebiet und versuchte durch eigene Beobachtungen, aber vor allem durch Gespräche das Phänomen IS einzufangen – jenseits der Propagandavideos, in denen Angst und Schrecken verbreitet werden sollen.

Diese Herangehensweise ist nicht untypisch für Todenhöfer. Er reiste bereits früher schon in mehrere Konfliktgebiete der Welt und sprach dort mit zerstrittenen Parteien. Da er sich stets um eine ausgleichende und ausgewogene Darstellung beider Seiten bemüht, macht er sich dabei nicht nur Freunde. In jüngster Vergangenheit wurde er vor allem  für seine Interviews mit Baschir al Assad, dem syrischen Diktator, kritisiert.

Der IS ist selbst für Todenhöfer, der sich vor der Abreise eine schriftliche Versicherung des Kalifen zukommen ließ, ein ganz eigenes Kaliber. Doch darf man dem IS überhaupt eine Bühne bieten für dessen krude Parolen? Darf man auch sympathische Seiten an einem Menschen zeigen, der den Tod an mehreren Millionen Menschen gutheißt, sofern sie sich nicht zum „wahren Islam“ bekennen wollen, den der IS zu vertreten meint? Das muss jeder Leser für sich selbst entscheiden.

Die eigentlichen Reisebeschreibungen machen zwar nur ein Drittel des Buches aus, gehören aber neben den Interviews, die im Vorfeld der Reise geführt wurden, zu den stärksten und spannendsten Passagen. Todenhöfer macht aus seiner Haltung keinen Hehl. Die Rolle des Westens – vor allem der Bush-Administration – sieht er äußerst kritisch und zeigt grundsätzlich Sympathien für eine ablehnende Haltung von Muslimen gegenüber einem Westen, der sie seit Jahrhunderten nur auszubeuten scheint. Gleichzeitig kritisiert er vehement die Vereinnahmung des Islam durch den IS, der seine brutalen Handlungen mit Berufung auf den Islam zu legitimieren versucht.

Überrascht zeigt sich Todenhöfer, dass sich selbst in einem solch religiös-totalitären “Staat” eine gewisse Alltagsroutine für die Menschen einstellen kann. Dabei, so ermahnt er die Leser, dürfe nicht vergessen werden, dass dieser Alltag mit Schutzsteuern für Christen und Juden im besten Falle erkauft wurde; im schlechtesten Fall Vertreibung, Versklavung, Massenmord einschließt. Es mag wie ein schlechter Scherz klingen, wenn gerade deutsche Konvertiten die Weltherrschaft als Ziel dieser Gruppe ausgeben und dabei achselzuckend bestätigen, dass dies den Tod von hunderten von Millionen Menschen bedeuten würde, die sie als Feinde sehen.

„Inside IS“ ist ein Buch, das jedem zu empfehlen ist, der sich mit dieser ganz speziellen Form des islamistischen Terrors auseinandersetzen möchte. Vor allem dient es dem Wert des Buches, dass die IS-Ablehnung des Autors aus keiner islamkritischen, sondern im Gegenteil aus einer islamfreundlichen Haltung entspringt.

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