Was machen eigentlich… Lukas Diestel und Jonathan Löffelbein?
Montag, 21. Februar 2022 |
Über eine Schnapsidee, die plötzlich deutschlandweit bekannt ist, die Faszination für geschmacklose Rezepte, Instagram-Ästhetik und Rezepte, die wider Erwarten doch funktionieren: Der ehemalige Anglistik- und Amerikanistik-Student Lukas Diestel und der ehemalige Germanistik-Student Jonathan Löffelbein teilen auf ihrem Blog Worst of Chefkoch seit 2017 die kuriosesten Rezepte des Rezeptportals Chefkoch.de. Mit dem Comedy-Projekt gingen die beiden schon auf Tour, haben ein Buch geschrieben und seit letztem Dezember sind sie auch bei Tele 5 in der Comedy-Kochshow “Comedians in Kitchens” zu sehen. Im Interview erklären die beiden Alumni, wie es dazu kam, wie sie mit der Aufmerksamkeit umgingen und was ihre Lieblingsgerichte sind – die guten und die schlechten.

Wie kamt ihr eigentlich auf die Idee für Worst of Chefkoch? War das eher ein spontaner Einfall, oder hattet ihr da schon gewisse Pläne?
Diestel: Wir hatten mit ein paar Leuten dieses Comedy-Potenzial bei Chefkoch.de entdeckt und unter uns schon ein paar Rezepte hin- und hergeschickt. Dann saßen wir im Sommer 2017 im Litfassbiergarten und dachten uns, dass es doch eigentlich irgendwo im Internet so eine Sammlung geben muss. Gab es aber nicht. Also dachten wir uns, vielleicht sollten wir dann so etwas machen. Aber das war nur für die paar Leute, die sich das auf Facebook dann angesehen hätten, einen richtigen Plan hatten wir da nicht. Wir hatten da glaube ich genau die richtige Menge an Bier getrunken, dass ich am nächsten Morgen dann einfach diesen Tumblr-Blog gemacht habe, der auch nach wie vor noch genauso mies aussieht wie damals.
Löffelbein: Was ich daran witzig finde: An dem Abend sagte ich noch: „Lass uns das schnell machen, ich finde das richtig witzig“ und du meintest: „Ne, zumindest die Webseite muss gut aussehen, lass uns da ein bisschen Zeit lassen“. Und am nächsten Morgen kriege ich einfach nur den Link zu dieser hässlichen Webseite geschickt.
Diestel: Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich zu dem Zeitpunkt noch dachte, es wäre lustiger, eine hübsche Webseite für diese hässlichen Inhalte zu machen, aber beim Rumprobieren ist mir dann aufgefallen, dass es eigentlich noch witziger wäre, wenn auch die Webseite hässlich aussieht.
Hattet ihr denn irgendwelche Erwartungen, als ihr den Blog gemacht habt? Hat euch die Aufmerksamkeit, die ihr erhalten habt, überrascht?
Löffelbein: Komplett! Wir hatten eigentlich gar keine Erwartungen, außer dass das vielleicht unsere 20 engsten Facebook-Freund:innen ansehen.
Diestel: Die erste Woche verlief ja auch „nach Plan“. Und dann hat – ich glaube ze.tt war das – einen Artikel darüber gemacht. Das muss wohl jemand auf Twitter gefunden haben, und dann gab es auch anderswo sehr schnell Kopien von dem Artikel. Da haben wir dann gemerkt, dass das so ein bisschen durch die Decke geht. Erst dann haben wir auch die Facebook-Seite Worst of Chefkoch gemacht. Aber auch da dachten wir noch nicht, dass wir das ausbauen müssten, wir waren aber immerhin geistesgegenwärtig genug, um zu sagen, dass wir diese ganze Reichweite ausnutzen möchten.
Löffelbein: Ich glaube zum Höhepunkt hatten wir so 10.000 neue Follower:innen pro Woche, und das war auch ein bisschen überfordernd. Damals haben wir dann wirklich jeden Tag einen neuen Post gemacht, was ich jetzt auch nicht mehr nachvollziehen kann – einfach diese Masse an Texten zu schreiben.
Diestel: In den letzten anderthalb Jahren haben wir eher mit Frequenz gepostet. Wir haben uns klar gesagt, wenn wir mal Zeit und Bock haben, posten wir etwas. Als das mit Corona dann losging, dachten wir uns auch, vielleicht braucht die Welt gerade auch nicht diesen Quatsch. Es fühlte sich geschmacklos an, witzigerweise. Aber vielleicht würde ich mittlerweile auch sagen: Vielleicht braucht die Welt gerade deswegen diesen Quatsch.
Wie genau findet ihr denn die Gerichte für Worst of Chefkoch? Bekommt ihr da Vorschläge oder recherchiert ihr da selber?
Löffelbein: Wir haben uns selbst ein Limit gesetzt, kein Rezept zu nehmen, das nach unserer Gründung veröffentlicht wurde, damit nichts extra für uns produziert werden konnte. Am Anfang fanden wir da relativ viel, einfach durch den Zufallsbutton. Das hat sich aber geändert, auch weil Chefkoch auf uns reagiert hat: Die haben die hässlichen Bilder entfernt und ansehnlichere Bilder vor die Rezepte gesetzt. Wir bekommen aber auch viel eingesendet, und irgendwann haben wir auch ein Gespür dafür bekommen, welche Zutatenkombinationen und welche Phrasen zu besonders seltsamen Sachen führen. Zum Beispiel „mal anders“, oder Rezepte mit Bananen oder Fleischwurst, Blutwurst – überhaupt viel Wurst. Es wird viel Wurst gegessen und gekocht.
Diestel: Es gibt aber auch einen Bruchteil an Leuten, die persönlichen Geschmack und allgemeine Kriterien nicht gut unterscheiden können. Teilweise wurden auch ganz normale Rezepte eingesendet, wie eine Lauchtorte – also eigentlich eine Lauchquiche. Da hasst jemand Lauch, aber das ist dann kein schlechtes Rezept.
Und wieso denn ausgerechnet „ekliges“ oder „schlechtes“ Essen?
Diestel: Ich glaube das klingt vielleicht etwas ausgedacht, aber wir fanden es einfach lustig, wie viel gegensätzliches es auf diesen Rezept-Webseiten gibt. Einmal Rezepte für 5-Gänge-Menüs, die von Tausend Leuten gekocht und gut bewertet wurden, und daneben dann eine Fleischwurst, quer aufgeschnitten, mit Farmersalat und Ketchup und Mayo. Dass das auf diesen Seiten so nebeneinander existieren kann, ist für mich einfach das Witzigste.
Löffelbein: Das war auch die Zeit als – zumindest nach meinem Gefühl – Essen im Internet extrem präsent war. Auch die Instagram-Ästhetik war da halbwegs neu und es gab viele Stories und Beiträge über Essen, über super ästhetisches, extrem schickes Essen, das, wenn man es selber macht, nie so aussieht. Da war dieses Worst of auch nochmal ein extra Ventil dafür.
Habt ihr denn eigentlich ein Lieblingsgericht aus eueres Worst of Chefkoch Sammlung? Ich bin ja ein großer Fan von dieser Leberkäspizza.
Diestel: Was ich mit am besten finde ist ein relativ früher Post. Das nannte sich Fußballpizza. Da wird eine normale Blechpizza zubereitet, aber am Ende soll das dann wie ein Fußballfeld aussehen, und dafür benutzen sie nicht normalen Spinat, sondern Rahmspinat. Das muss das matschigste Essen der Welt sein. Der „Rasen“ ist dann komplett grün und dann sind vereinzelt Cabanossi als „Spieler“ reingesteckt, und ganz wenig Mozzarella für die Spielfeldumrandung. Ich finde das so geil, dass da offensichtlich jemandem diese Ästhetik des Fußballplatzes tausend Mal wichtiger ist als der Geschmack.
Löffelbein: Ich mag am liebsten, glaube ich, immer noch Friedhelms alte Brotscheiben. Das sind zwei alte Brotscheiben, mit Käse und Salami belegt und dann angebraten. Dass sich jemand denkt, altes Brot anzubraten ist dann ein Rezept – und zwar Friedhelms Rezept, das soll auch meinen Namen tragen – diesen Gedanken dahinter finde ich geil.
Wie fallen denn dann die Reaktionen aus, wenn ihr ein neues Rezept hochladet? Haben sich da auch schon Rezeptautor:innen bei euch gemeldet?
Diestel: Wir haben uns immer gesagt, wir sind nicht „gegen“ diese Rezepte. In den Kommentaren sind manche Leute einfach fies gegenüber der Person. Wenn man ein Rezept teilt und sagt, dass ist schlecht oder witzig oder sonst was, lässt es sich natürlich nicht zu 100% vermeiden, dass jemand verletzt wird. Wir finden das aber nicht gut, und deswegen haben wir in unseren Texten eigentlich immer darauf geachtet, dass es nie um den oder die Verfasser:in des Rezepts geht, sondern dass wir das Rezept für sich sehen und dann humoristisch etwas dazuschreiben. Ich glaube das ist uns auch gut gelungen. Die paar Leute, die sich gemeldet haben, von denen wir Rezepte geteilt haben, fanden das über weite Teile auch witzig. Den meisten Leuten ist ja auch bewusst, wenn sie irgendeine Teewurstsoße – was dann nur Sahne und Teewurst ist – hochladen, dass das nicht die große Cuisine ist. Manchmal ist das vielleicht auch mit einem Augenzwinkern hochgeladen.
Wenn man sich die Kommentare bei Chefkoch.de anschaut, dann gibt es ja trotzdem immer wieder auch positive Kommentare von Leuten, die das gekocht haben. Worst of Chefkoch ist ja schon ziemlich bekannt – glaubt ihr, dass ein paar dieser Kommentare auch satirisch gemeint sind?
Diestel: Man kann auf jeden Fall beobachten, dass bei den Rezepten, die wir posten, neue Kommentare auftauchen. Die sind dann oft so ein bisschen satirisch in diesem Chefkoch-Sprech – mit dem „Göga“ [kurz für „Göttergatte“, d.h. Ehemann. Anm. d. Red.], dem es geschmeckt hat und was weiß ich. Das finde ich okay, weil wenn es gut gemacht ist, dann erkennt man gar nicht, dass es ein satirischer Kommentar ist, und das ist dann einfach harmloser Spaß. Aber wenn es einem tatsächlich schmeckt, dann ist das ja auch um so schöner. Wir haben bei unseren Shows ja auch Sachen nachgekocht, und wenn das jemandem geschmeckt hat, und diese Person dann ein neues Rezept nach Hause nehmen kann, dann ist das ja eigentlich um so besser.
Löffelbein: Bei den Bewertungen spielt glaube ich ein bisschen rein, dass gerade diese weirden Sachen so gut bewertet sind, weil nicht alle Leute überhaupt dazu bereit sind, das auszuprobieren. Und wer Bock hat, das auszuprobieren, oder Lust auf einen Mund voller Fleischwurst hat, der wird das auch nachkochen und sagen, dass es geil war.
Ihr habt ja gerade schon gesagt, dass ihr bei euren Shows die Rezepte auch nachkocht. Schmecken die Sachen dann so, wie sie aussehen und klingen, oder gab es da schon positive Überraschungen?
Diestel: Ganz unterschiedlich. Bei manchen Sachen ist es so, dass man sich denkt, dass es nicht gehen sollte, aber dann funktioniert es trotzdem. Meistens ist es schon so, dass es entsprechend schmeckt, aber da gibt es eine riesige Bandbreite. Manchmal sind es auch persönliche Präferenzen – für mich ist es schon die Hölle, wenn ein Pilz noch etwas glibberig ist. Aber dann gibt es wiederum zum Beispiel dieses Forrest Gump Getränk, was dann Milch mit Apfelkorn gemischt ist, und da fängt die Milch halt zu flocken an, wegen der Säure von dem sauren Apfel – das war viel schlimmer als gedacht.
Löffelbein: Die meisten Sachen sind eher harmlos gewesen. Nicht besonders geil, aber voll okay. Wir hatten auch Ausreißer, die wirklich komplett eklig waren, aber ich glaube, die können wir an einer Hand abzählen.
Uni-Mensen haben ja stereotypisch keinen sehr guten Ruf. Wie war da diesbezüglich eure Erfahrung hier in Freiburg?
Löffelbein: An das Freiburger Mensaessen habe ich gar keine so große Erinnerung – was vielleicht auch kein so gutes Zeichen ist? Ich erinnere mich an den Umsonstnachschlag, meistens Nudeln mit Tomatensoße. Den fand ich gut, weil der umsonst war. Und dann natürlich die Gitterkartoffeln – die waren der Hammer. Höchstwahrscheinlich mehrfach frittiert und sehr knusprig. Die würde ich allen empfehlen.
Diestel: Ich glaube, ich kann an zwei Händen abzählen, wie oft ich während meines Studiums in der Bibliothek und entsprechend auch in der Mensa war. Ich war schon immer eher so der Typ fürs zu Hause arbeiten. Wenn ich mal da war, war es aber eigentlich immer gut essbar. Ich habe vor allem die Leute, die da gearbeitet haben, als sehr freundlich in Erinnerung – das ist ja auch so ein Klischee, was herumgeistert. Obwohl, jetzt, wo ich drüber nachdenke: Ich habe in der Unimensa Freiburg mal das absurd versalzenste Tsatsiki gegessen, das ich je geschmeckt habe. Das hat einem echt die Socken ausgezogen. Aber hey, das kann ja mal passieren.
Ihr habt ja nicht nur euren Blog und eure Shows, sondern ihr habt ja auch ein Buch geschrieben – wie kam es denn dazu?
Löffelbein: Da hat uns ein Literaturagent angesprochen, der meinte, er sähe da voll das Potenzial. Das kam einfach als Facebook-Nachricht an, und ich dachte mir, das ist fake und habe erstmal gegoogelt. Wir haben dieses Buch in sehr kurzer Zeit geschrieben, weil wir viel auf Tour waren, und haben es trotzdem geschafft, da Texte zu machen, die nur in diesem Buch erschienen sind. Das war so ein riesiger Kraftakt. Danach hatte ich erstmal anderthalb Jahre lang Schreibblockade.
Von schlechten Rezepten abgesehen: kocht ihr gerne? Habt ihr irgendein gutes – oder schlechtes – Rezept, das ihr in der kalten Winterzeit besonders empfehlen würdet?
Diestel: Ich koche sehr gerne. So richtig bockt es mich eigentlich erst ab so vier Personen, weil das macht nicht so viel mehr Arbeit, für mehrere zu kochen, aber es lohnt sich dann mehr. Wenn ich alleine zu Hause bin, greife ich aber auch oft zu Nudeln mit Pesto. Gerade jetzt im Winter bin ich aber im Knödelfieber. Ich liebe Knödel und habe neulich mit einem Kumpel Serviettenknödel gemacht – einmal „klassisch“ und dann mit Spinat drin. Es ist wirklich sehr viel einfacher als man denkt, und dann eine Pilzrahmsoße dazu, da hat man immer einen guten Tag.
Löffelbein: Das Knödelfieber greift wieder um sich. Seit dem Beginn von Worst of Chefkoch habe ich eigentlich eine Wandlung durchgemacht. Damals war ich kein guter Koch, und habe auch nicht gern gekocht, aber mittlerweile tu ich das richtig gerne, und manche Sachen kann ich auch sehr gut. Am liebsten koche ich so richtig lange: irgendetwas, was ein paar Stunden im Topf braucht, und ich stehe dann daneben und rühre die ganze Zeit. Ein Rezept, das ich besonders mag, ist Züricher Geschnetzeltes. Das gibt es bei meinen Eltern immer am ersten Weihnachtsfeiertag – das ist also immer so ein besonderes Weihnachtsessen für mich.
Diestel: Geschnetzeltes ist eh geil. Ich finde, das ist sowieso das einzige, was einen die Winterzeit halbwegs unbeschadet übersetehen lässt. Ich hasse eigentlich den Winter: nass, kalt, alles eklig. Aber es ist die Zeit der geilen Rezepte, mit Senfei und Cremesuppen, die man im Sommer nie kochen würde.
Interview und Artikel: Christian Feige
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