Alfred Biolek – Abschied von einem Multitalent

Donnerstag, 29. Juli 2021 | 

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Er war eine feste Größe in der deutschen Fernsehwelt, bekannt durch Talkshows wie Kölner Treff und Boulevard Bio, die Musikshow Bio’s Bahnhof und zuletzt auch durch seine Kochshow alfredissimo! – ein wahres Multitalent. Vergangene Woche verstarb der Freiburger Alumnus im Alter von 87 Jahren.

Foto: Stuart Mentiply, Wolfsburg

Drei Jahrzehnte lang war Alfred Biolek – auch liebevoll einfach “Bio” genannt – nicht aus dem deutschen Fernsehen wegzudenken. Dabei hatte er noch ganz anders angefangen: in den 50er- und 60er-Jahren promovierte Biolek nämlich an der Albert-Ludwigs-Universität in Jura, und zwar zur Schadensersatzpflicht von Verkäufern und Herstellern mangelhafter Waren nach englischem Recht, arbeitete dabei als Assistent für den Rechtswissenschaftler Ernst von Caemmerer und als Referendar in der Anwaltskanzlei seines Vaters. Als er 1963 begann, für das ZDF zu arbeiten, tat er dies zunächst auch als Justitiar in der dortigen Rechtsabteilung. Doch schon bald stellte er fest, dass ihn die redaktionelle Arbeit beim Fernsehen mehr interessierte – und so begann seine bemerkenswerte TV-Karriere.

Biolek moderierte bekannte TV-Shows wie Nightclub und Die Drehscheibe, legte seinem deutschen Publikum das britische Comedy-Ensemble Monty Python ans Herz und produzierte die Sendung Am laufenden Band mit Rudi Carrell – die wohl beliebteste Unterhaltungsshow der 70er-Jahre. Es folgte die Moderation des Kölner Treffs, eine der ersten Talkshows, die neben Prominenten auch Privatpersonen ins Studio einlud, und mit seiner Musikshow Bio’s Bahnhof stellte er seinem Publikum Nachwuchstalente wie Anke Engelke und namhafte ausländische Künstler wie Kate Bush und The Police vor. In den 80er Jahren folgten weitere Talk-, Unterhaltungs- und Spielshows, ehe er in den 90ern mit dem Boulevard Bio ein neues Kapitel aufschlug. Mit dieser Show, die auch als “Hochamt gepflegter Unterhaltung” bezeichnet wurde, schaffte er es, jeden von ihm gewünschten Gast in den Talkshowsessel einzuladen – angefangen mit Wolfgang Schäuble, ebenso ein Freiburger Alumnus, bis hin zu Wladimir Putin und Gerhard Schröder. Das muss ihm mal jemand nachmachen.

Und als ob ernste Talkshows, gesellige Unterhaltungsshows und spaßige Spielshows nicht schon umfangreich genug wären, startete er 1994 auch noch seine eigene Kochshow, alfredissimo!, bei der er mit Prominenten in legerer Atmosphäre kochte und – ganz wichtig – Wein verkostete. Es schien so, als könnte Bio einfach mit jedem befreundet sein.

Dabei war Biolek nicht nur im Fernsehen tätig, sondern auch karitativ engagiert: im Jahr 2000 wurde er der erste Deutsche, der zum UN-Sonderbotschafter für die Weltbevölkerung ernannt wurde. Sein besonderes Anliegen galt hierbei der AIDS-Situation in Afrika, zu deren Hilfe und Unterstützung er auch eine eigene Stiftung ins Leben rief: die spätere Deutsche Stiftung Weltbevölkerung.

Noch in den 70er-Jahren wurde Biolek Teil der Münchener Bohème, umgab sich mit Namen wie Rainer Werner Fassbinder, besuchte einschlägige Münchener Lokale – dass er homosexuell war, hat er nie versteckt, aber auch nie thematisiert. Als Rosa von Praunheim ihn 1991 in der RTL-Talkshow Explosiv outete, empfand er dies zunächst als unangenehm, später dann aber auch als heilsam – die plötzliche Offenheit ermutigte viele Homosexuelle, offen zu sich selber zu stehen, spwie viele Eltern, ihre homosexuellen Kinder zu akzeptieren. Und so wurde Biolek nebenbei außerdem noch zu so etwas wie einer LGBT-Ikone.

2006 beendete Alfred Biolek seine vielseitige Fernsehkarriere, mit Ausnahme einiger Gastauftritte. Nach einem Sturz von einer Wendeltreppe mit schweren Schädelverletzungen, lebte er recht zurückgezogen in Köln. Am 23. Juli 2021 verstarb er im Alter von 87 Jahren – er schlief friedlich ein. Sein Lebenswerk hat die deutsche Fernsehlandschaft nachhaltig geprägt.

Christian Feige

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Ein Kommentar

  1. 1
    Anton 

    Mein aufrichtiges, wenn auch verspätetes Beileid. Biolek war wirklich eine feste Größe in der deutschen Medienwelt. Danke für diesen tollen Blog.

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