Das „Corona-Ausnahmesemester“ – zwei Studierende berichten über die Erfahrungen eines ungewohnten und digitalen Semesters
Mittwoch, 25. November 2020 |
Geschlossene Türen und menschenleere Plätze – wer im vergangenen Sommersemester den Freiburger Campus betreten hat, dem bot sich ein ungewohnter Anblick. Die Ausnahmesituation „Corona“ hatte auch die Freiburger Alma Mater im Griff. Während sich Fahrradständer und Bibliotheken von der üblichen Überfüllung erholen konnten, sahen sich die Studierenden mit neuen Lehrformen und Beschränkungen konfrontiert. Zwei Studierende, Laura (M.A. Europäische Literaturen und Kulturen) und Ferdinand (B.A. Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie und Philosophie), geben den Alumni einen Einblick über ihre Studienerfahrungen in der Ausnahmesituation.

Foto: © Ruben Jochem/ Alumni Freiburg
Statt Präsenzveranstaltungen lehrten die Dozierenden im Online-Format. Wie kam diese Umstellung an?
Laura: Ich war zunächst sehr skeptisch. Normalerweise motiviert mich der aktive Austausch mit anderen auf dem Campus. Stattdessen besuchte ich von zu Hause aus Online- Vorlesungen und Seminare per Videokonferenz. Mit der Zeit war ich jedoch positiv überrascht: Trotz der Beschränkungen konnte ich meinen üblichen Lernstoff bewältigen. Allerdings musste ich dafür mehr Eigenmotivation aufbringen. Negativ aufgefallen sind mir nur die isolierte Studiensituation und die erhöhte Bildschirmzeit, die dadurch entstanden sind.
Ferdinand: Während des Zusammenstellens meines Stundenplans für das Sommersemester 2020 dämmerte mir bereits, dass die Seminare und Vorlesungen wohl digital stattfinden werden. Mir kam der Gedanke, dass, wenn ich sowieso weniger Zeit meinen sozialen Beziehungen widmen kann und sollte, ich mir besonders viel für das Semester vornehmen könne. Gesagt, getan. Rückblickend bin ich froh über diese Entscheidung und konnte, trotz vieler Veranstaltungen, alle erfolgreich abschließen. Allerdings war es auch für mich sehr anstrengend, dies in digitaler Form zu meistern und erforderte auch bei mir ein hohes Maß an Eigenmotivation.
Durch die Pandemie kam es zu Einschränkungen in den Öffnungszeiten der Bibliotheken. Inwiefern hat sich das auf das Studium ausgewirkt?
Laura: Dass die Bibliotheken zeitweise geschlossen waren, war für mich ein Problem. Ich bin eine klassische „Biblernerin“ und brauche als Literaturwissenschaftlerin häufig Material aus verschiedenen Bereichsbibliotheken. Ich war daher sehr dankbar, dass sie möglichst schnell wieder zugänglich waren, sodass ich nur eine kurze Zeit ohne sie zurechtkommen musste.
Ferdinand: Das war bei mir etwas anders. Ich bin eher der Typ, der Zuhause lernt und auch die meiste Literatur online findet oder an anderen Orten ausleiht. Somit war die Schließung der UB keine große Einschränkung für mich. Jedoch habe ich das gemeinsame Cafétrinken und das kollektive Lernen, mit meinen Kommiliton*innen in der UB, sehr vermisst.
Die Einschränkungen wirkten sich auch auf das Uni-Leben aus. Inwiefern konnte das typische Campusleben ersetzt werden?
Laura: Da das mein letztes Semester vor der Masterarbeit war, war ich etwas enttäuscht: Meine letzten Uni-Kurse waren lange Sessions vor einem Bildschirm, Mensa- oder Kaffeepausen mit Freunden gab es nicht. Dass kein richtiges Uni-Leben mehr stattfand, hat mich schon etwas getroffen. Allerdings waren das nur geringe Einschränkungen im Vergleich zu den meisten anderen Berufsgruppen.
Ferdinand: Wenn ich dieses Semester mit den dreien davor vergleiche, muss ich ebenfalls sagen, dass ich etwas enttäuscht bin. Durch das fast ausschließliche, selbstständige Studieren zuhause war auch der generelle Studierenden-Alltag insgesamt nicht in dem Maße befriedigend wie die Semester zuvor. Das geschätzte und generelle Uni-Leben fand aufgrund der veränderten Situation für mich quasi nicht statt.
Welche Vorteile hatte das Online-Semester?
Laura: Durch den Verzicht auf die Präsenzlehre war ich dieses Semester viel ungebundener als sonst: Vorlesungen konnte ich anschauen, wann ich wollte und Seminare konnte ich auch von anderen Städten aus besuchen. Diese neue Freiheit kam mir privat sehr zugute.
Ferdinand: Sehr von Vorteil war für mich, dass man die aufgezeichneten Vorlesungen pausieren und somit mehr Inhalte davon aufschreiben konnte. Dass man für die Seminare und Vorlesungen nicht unbedingt aus dem Bett musste, war natürlich auch nicht schlecht.
Nun ist das erste „Corona-Semester“ zu Ende. Wie beurteilen Sie rückblickend die Reaktion der Universität auf die neuen Umstände?
Laura: Da sind wir uns eigentlich einig. Für uns als Studierende schien die universitäre Lehre schnell und angebracht auf die besonderen Umstände zu reagieren. Da wir regelmäßig Nachricht über die schnell getroffenen Entscheidungen bekamen, konnten wir uns gut auf das Semester einstellen. Natürlich fehlte uns letztendlich das Campus-Leben, vor allem aus sozialen Gründen. Dafür gewannen wir auch neue Freiheiten wie eine flexiblere Zeiteinteilung. Das soziale, interaktive und vielseitige Uni-Leben wird, so hoffen wir, spätestens im nächsten Sommer wieder in gewohnter Form stattfinden können.
Vielen Dank und weiterhin viel Erfolg!
Das Interview führte Dr. Cornelia Staeves.