Liebespaare, bitte hier küssen!
Mittwoch, 16. April 2014 |
Der Kabarettist Jess Jochimsen beweist in seinem Bildband „Liebespaare, bitte hier küssen!“ ein Auge für das faszinierende Bizarre, welches städtische Randbezirke bieten können, und versteht es sie mit seinen Fotografien, gepaart mit Anekdoten und Pointen, liebenswert in Szene zu setzen. Diese Orte und Bilder erzählen ihre ganz eigenen Geschichten.

Jess Jochimsen studierte von 1991-1997 Germanistik, Politikwissenschaften und Philosophie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und ist heute einem breiten Publikum als Kabarettist, Autor und Fotograf bekannt. Für seine Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet: mit dem „Passauer Scharfrichterbeil“(1997), dem Deutschen Kabarettpreis (Förderpreis 1998), dem „Prix Pantheon“ (1999), dem Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor (Förderpreis 2006/7) und zuletzt mit dem Kleinkunstpreis Baden-Württemberg 2011. Sein aktueller Bildband „Liebespaare, bitte hier küssen! Ein Road Movie in Bildern“ zeigt vor allem Fotografien aus den städtischen Randgebieten, die fernab des auf Hochglanz polierten Stadtkerns liegen. Hierzu begibt sich Jess Jochimsen auf „eine fotografische Spurensuche im städtischen Hinterland“, wie der Untertitel verrät. Der Bildband ist gespickt mit bizarr-witzigen Anekdoten und Geschichten, die hervorragend die Stimmung der Fotografien unterstreichen.
In Zeiten der Gentrifizierung, in denen Mieter durch Abfindungen aus ihren günstigen Wohnungen getrieben werden, damit diese durch Luxussanierungen aufgewertet werden können, kann Jochimsens Buch als ein politisches Statement verstanden werden. Folglich gilt unter anderem der Dank des Alumnus auch den „Bewohnerinnen und Bewohnern des städtischen Hinterlandes“, die „sich auf wundersame Art und Weise gegen die Gentrifizierung stemmen und den Städten Leben abtrotzen“.
„Liebespaare, bitte hier küssen!“ zeigt ein etwas anderes Bild deutscher Städte. Ein ehrliches und ungeschöntes Bild von Vororten, die dem Verfall überlassen wurden. Seinen ganz eigenen Charme bekommt dieses Bild durch den humorvollen, selbstironischen Umgang der Bewohner mit ihren Vierteln. Aus den Fotos geht hervor, dass man sich im Rahmen seiner Mittel mit aller Macht gegen eben jenen Verfall zu stemmen sucht. Das Hinterland erzählt eben seine ganz eigenen Geschichten und diese werden vom Fotografen thematisiert und in den Fokus gerückt. Jochimsen gelingt es, in seinem Werk ein herrlich groteskes Bild des städtischen Hinterlandes aufzuzeigen und seine Leser davon zu überzeugen ihre Augen offen zu halten für das Bizarr-Charmante.