August Hermann Zeiz – Dichter, Revolutionär, Unterhaltungsschriftsteller
Dienstag, 7. November 2017 |
Manchmal ist die Alma Mater so nahe als wäre die Studienzeit erst gestern beendet gewesen. Im Buchhändlerkeller in Berlin-Charlottenburg stellte Alumniclub-Vorstandsmitglied Silke Engel das Thema ihrer Dissertation vor, mit der sie 2016 an der Albert-Ludwigs-Universität promoviert wurde. Rund 20 Jahre hatte sie neben einer vollen Berufstätigkeit als ARD-Journalistin immer wieder daran gearbeitet, mit etlichen Pausen von jeweils mehreren Jahren.

Im Mittelpunkt ihrer Dissertation steht der heute weitgehend vergessene expressionistische Dichter, Theaterautor, Gerichtsreporter und Revolutionär August Hermann Zeiz (1893-1964). Sein Nachlass wird heute in Wien verwaltet, Silke Engel war aber auch auf Spurensuche in Danzig, Budapest oder den USA. August Hermann Zeiz war Sozialist und begeisterter Freiwilliger im ersten Weltkrieg. Noch während des Kriegs wandelte er sich zum radikalen Pazifisten. Seine erste Novelle „Tanz um den Tod“ – erschienen noch vor dem heute weit berühmteren Roman „Im Westen nichts Neues“ – ist ein in seiner Klarheit beeindruckendes Zeugnis dieses Wandels. In den wilden Zwanziger Jahren arbeitete Zeiz in Berlin als einer der ersten Gerichtsreporter und als Journalist, mit schon erstaunlich modernen Methoden: multimedial und häufig auch international. In der NS-Zeit konnte Zeiz zunächst noch als Gerichtsreporter arbeiten, bekam jedoch bald ein Berufsverbot als Journalist, auch aufgrund seiner jüdischen Frau. Zeiz widmete sich fortan vor allem dem Schreiben von Theaterstücken und Filmexposés.
Er überstand die NS-Zeit mit geschickten Strategien, publizierte unter verschiedenen Pseudonymen, unterstützte selbst jüdische Kollegen, pflegte gleichzeitig aber auch Kontakte zu hochrangigen Nazis im Bereich der Kultur. Mit diesem gefährlichen doppelten Spiel gelang es ihm, trotz zwischenzeitlicher Haft zu überleben, seine Frau jedoch wurde in Auschwitz ermordet. Nach dem Krieg gelang es Zeiz nicht mehr, an alte Erfolge anzuschließen, er litt unter psychischen Problemen und Geldnot.

Silke Engel stellte den Mitgliedern des Alumni-Clubs Berlin-Brandenburg und zahlreichen Gästen wie einem Neffen von August Hermann Zeiz nicht nur dessen filmreife Lebensgeschichte vor, sondern bot nebenbei auch spannende Einblicke in die sich wandelnden Entstehungsprozesse einer Dissertation innerhalb eines solch langen Zeitraums. So konnte sie z.B. im Zuge der Digitalisierung und weltweiten Vernetzung auch immer wieder neue, bisher unbekannte oder nicht zugängliche Quellen und Kontakte nutzen.
Ein Bericht des Alumni Freiburg-Clubs Berlin-Brandenburg.