Was macht eigentlich… Astrid Fritz?
Freitag, 1. Juli 2016 |
Astrid Fritz studierte 1980-1987 an der Albert-Ludwigs-Universität Romanistik und Germanistik. Mit viel Charme, Witz und Wissen entführt sie heute ein breites Publikum in die Welt der historischen Romane, deren Handlung häufig auch mit Freiburg verbunden ist. Schon seit vielen Jahren gelingt es ihr als Autorin, mit spannender Literatur das Interesse an Geschichte zu wecken. Ihr literarischer Weg begann mit einem Stadtführer von Freiburg. Alumni’aktuell fragte die bekannte Schriftstellerin nach ihrem Verhältnis zu Freiburg.
alumni’aktuell: Warum wählten Sie Freiburg als Ihren Studienort?
Astrid Fritz: Ich kannte die Stadt, weil mein älterer Bruder dort studierte, und wusste schon nach den ersten Besuchen bei ihm, dass Freiburg die Alternative zu der Millionenstadt München sein würde, in der ich nicht allzu glücklich gewesen war: nämlich eine kleine, quirlige, studentisch-alternativ geprägte Stadt in herrlicher Landschaft!
alumni’aktuell: Ihr Weg hat sie immer wieder nach Freiburg zurückgeführt. Was verbinden Sie mit Ihrer Universitätsstadt? Welche Erinnerungen haben Sie an Ihr Studium in Freiburg?
Astrid Fritz: Freiburg war mir schnell sehr lieb geworden, zu einer zweiten Heimat. Schon von meiner ersten Arbeitsstelle in Darmstadt bin ich ja dorthin zurückgekehrt, und dann wieder nach unserem dreijährigen Chile-Aufenthalt. Ich denke, Freiburg hat mich mehr geprägt als jede andere Stadt: Ich habe dort sehr viele enge Freundschaften geschlossen, die ich heute noch pflege, und nicht zuletzt im
Studium meinen Lebenspartner kennengelernt. An vieles denke ich heute noch gern zurück: an das Radeln durch die Innenstadt, an lange Abende im Feierling-Biergarten oder Babeuf, an Konzerte im Vorderhaus der Fabrik, an Lerngruppen am Baggersee oder Wanderungen durch die Wutachschlucht. Überwiegend positiv sind auch die Erinnerungen ans Studium selbst: In den Geisteswissenschaften wehte ja ein eher links-alternativer Wind, der mir sehr entsprach. Ach ja: Ein toller Treffpunkt mit Kommilitonen war immer das sogenannte „Café Senkrecht“ im Uni-Innenhof!

alumni’aktuell: Ihre literarische Karriere begann 1998 mit dem Stadtführer, den Sie gemeinsam mit Ihrem ehemaligen Kommilitonen Bernhard Thill verfasst haben. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
Astrid Fritz: Die Erstausgabe ist ja bereits 1992 erschienen, in einem Frankfurter Kleinverlag. Wir waren damals beide kurzzeitig arbeitslos und wollten irgendwas Interessantes auf die Beine stellen. Da brachte Bernhard von einer Paris-Reise einen sogenannten „guide noir“ von Paris mit, in dem die Geheimnisse der Stadt erkundet wurden. Das hatten wir dann kurzerhand für Freiburg umgesetzt und skurrile, geheimnisvolle oder witzige Geschichten abseits der Touristenpfade gesammelt.
alumni’aktuell: Welche Orte liegen Ihnen in Freiburg besonders am Herzen – haben Sie Geheimtipps?
Astrid Fritz: In meiner Zeit mochte ich ganz besonders die stillen, fast verwunschenen Plätze bei der Adelhauser Kirche, am Annaplatz in der Wiehre oder auf dem Kinderspielplatz in der Erwinstraße, der einst ein Friedhof war, sowie überhaupt der Alte Friedhof. Und alternativ dazu die vielen schönen Kneipen im Stühlinger und in der Wiehre. Ach ja: nicht zu vergessen die Waldgaststätten Valentin und St. Ottilien.
alumni’aktuell: Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?
Astrid Fritz: Die Initialzündung war schon der Stadtführer „Unbekanntes Freiburg“ mit Bernhard Thill. Allerdings habe ich danach erst mal als Zeitschriften- und Technische Redakteurin gearbeitet, wobei im sich Hinterkopf ganz allmählich die Idee zu einem Roman entwickelte, nämlich über jene Catharina Stadellmenin, die 1599 als vermeintliche Hexe hingerichtet wurde und über die ich im Stadtführer berichtet hatte. Während meiner Kinderpause hab ich das dann in die Tat umgesetzt. „Die Hexe von Freiburg“ erschien schließlich 2003, weitere Romane folgten, und seither lebe ich vom Schreiben.
alumni’aktuell: Sie sind eine sehr bekannte Schriftstellerin historischer Romane, welche auch oft in Freiburg spielen, was fasziniert Sie an dieser Thematik und wie recherchieren Sie für Ihre Romane?
Astrid Fritz: Geschichte bedeutet für mich, das Heute besser zu verstehen und die eigenen Wurzeln zu entdecken. Ich habe mich schon in der Schulzeit für Geschichte interessiert und einen tollen Lehrer gehabt, der uns die Alltagsgeschichte der kleinen Leute nahe gebracht hat. Schon als Jugendliche hatte ich mich im Geist in alte Zeiten zurückversetzt, mir vorgestellt, wie es mir selbst im Mittelalter oder im 30-jährigen Krieg ergangen wäre und habe später Romane wie „Der Medicus“ oder „Säulen der Erde“ verschlungen. Noch heute bin ich völlig fasziniert von alten Klöstern, Burgen oder mittelalterlichen Gassen, weil ich spüre, dass das die sichtbar gebliebenen Spuren unserer Vorfahren sind. Und so recherchiere ich auch sehr viel vor Ort, lasse Eindrücke auf mich wirken, stöbere in Heimat- und Stadtmuseen. Dazu habe ich zuhause meterweise einschlägige Literatur wie Stadtgeschichten – etwa die wunderbare dreibändige „Geschichte der Stadt Freiburg“, Alltagsgeschichte zu den verschiedensten Themen und Epochen, Bildbände, Kataloge und vieles mehr. Hin und wieder recherchiere ich auch im Internet, wobei man hier mit den Quellen ein wenig vorsichtig sein muss.
alumni’aktuell: Ihr neuester Roman „Unter dem Banner des Kreuzes“ ist im Juli 2016 erschienen und spielt ebenfalls in Freiburg im Jahr 1212. Das Buch wird aus der Sicht der 17-jährigen Anna erzählt. Was reizt Sie daran auch in diesem Roman eine mutige Frauenfigur in den Vordergrund zu stellen?
Astrid Fritz: Das war ja ein total verrücktes Unternehmen damals: Da zogen im hohen Mittelalter Tausende junger und vor allem armer Menschen los, unbewaffnet, ohne Ausrüstung, um kraft ihres Glaubens Jerusalem aus den Fängen der „Ungläubigen“ zu befreien und damit die Christenheit zu retten. Die allermeisten – Glücksritter und Hasardeure gab es natürlich auch darunter – sahen es als göttlichen Auftrag und nahmen unglaubliche Strapazen, ja sogar den Tod auf sich! Von zeitgenössischen Chronisten weiß man, dass nicht wenige Mädchen und junge Frauen darunter waren – für sie war es besonders wagemutig, Sicherheit und Heimat aufzugeben. Mich in eine dieser jungen Frauen hineinzuversetzen, hatte mich enorm gereizt, und da neben den religiösen Motiven immer auch persönliche Motive mitgespielt hatten, habe ich mir für Anna einen brutalen Vater ausgedacht, dem sie entfliehen möchte.

alumni’aktuell: Ist Anna eine fiktive oder historische Figur?
Astrid Fritz: Sie ist so fiktiv wie die anderen Protagonisten, da man über die einzelnen Kreuzfahrer nichts weiß. Historisch ist allerdings ihr Anführer, der Kölner Hirtenjunge Nikolaus, und ich habe versucht, die Hintergründe dieses sogenannten Kinderkreuzzuges so sorgfältig wie möglich zu recherchieren, ebenso wie das Bild der damals noch jungen Zähringerstadt Freiburg.
alumni’aktuell: Das Studium in Freiburg: wie hat es ihren Lebensweg geprägt? Was konnten Sie an Erlerntem nutzen?
Astrid Fritz: Wie schon gesagt, hatte ich im Studium meinen späteren Ehemann kennengelernt und bin Menschen begegnet, mit denen ich heute noch befreundet bin. Und inhaltlich hat mir das Studium der Literaturwissenschaft und Romanistik so einige Grundlagen für die Schriftstellerei geliefert: Ich habe gelernt, systematisch zu recherchieren und mir Themen zu erarbeiten, konnte das Wissen über geschichtliche Entwicklungen und Zusammenhänge vertiefen und das Sprachliche hatte natürlich im Studium auch immer eine große Rolle gespielt. Und als ob ich meine Schriftstellerei vorausgeahnt hätte, hatte ich dann meine Magisterarbeit über den Neuen Deutschen Kriminalroman verfasst.