Ulrich Herbert – Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert

Dienstag, 4. August 2015 | 

Schlagwörter » , «  |  Thema: 2015-2, Allgemein, Alumni Buchtipps, Newsletter

„Die Jahre, die ihr kennt“ wollte er sein umfangreiches Werk über die Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert nennen, denn kaum jemand kennt dieses Saeculum so gut wie der Historiker Ulrich Herbert. Nun hat der bekannte Professor der Universität Freiburg sein Wissen auf knapp 1500 Seiten ausgebreitet – ein Lesegenuss. 

Cover: Herbert: Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert
Ulrich Herbert: Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert, C.H. Beck, 39,95 €.

Ulrich Herbert studierte in den Jahren 1971 bis 1975 Geschichte, Germanistik und Volkskunde an der Universität Freiburg. Einem breiteren Publikum wurde er durch seine Habilitation über den Juristen Werner Best bekannt, mit der er die Generation der Jahrgänge 1900 bis 1910 ins Blickfeld der Forschung rückte,  deren Bedeutung für die Politik der Nationalsozialisten lange Zeit übersehen worden war. Seit 1995 hat er den Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Freiburg inne.

Sein Werk “Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert” spannt einen Bogen von dem großen Aufschwung in Wirtschaft und Wissenschaft zu Beginn der 1890er bis zur jüngsten Vergangenheit. Überraschend ist, dass er seine Geschichte nicht mit einem Schlussdatum versieht, sondern verschiedene Daten diskutiert und die endgültige Antwort auf diese Frage künftigen Historikergenerationen überlässt.

Die große Zeitspanne von über hundert Jahren wird unterteilt in fünf Epochen, die nicht nur thematisch dargestellt und analysiert werden, sondern auch anhand eines Querschnittjahres dem Leser bildlich veranschaulicht werden. Herberts Fokus liegt dabei auf der Politik-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, doch bezieht er auch immer wieder kulturhistorische Aspekte ein. Durch Vergleiche zu anderen europäischen Ländern wird der nationalstaatliche Horizont immer wieder durchbrochen, um Gedanken nach einem deutschen Sonderweg erst gar nicht aufkommen zu lassen. Anhand epochenübergreifender „Leitspuren“ untersucht er das Verhältnis der großen Ordnungssysteme Kommunismus, Faschismus und bürgerliche Demokratie und deren Antworten auf die Herausforderungen der modernen Industriegesellschaft. Herbert sieht im Jahr 1942 den Tiefpunkt der deutschen Geschichte mit dem Beginn der Deportation der europäischen Juden; im Jahr 1945 hingegen die große Zäsur, den Wendepunkt hin zu Demokratie, Kapitalismus und Europa.

So umfangreich das Buch auch sein mag, so schwer fällt es auch, es aus der Hand zu legen. Eine unverzichtbare Lektüre, nicht nur für den Einstieg in die wechselhafte deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts.

 

Diesen Beitrag kommentieren.

Kommentar abgeben