Ute Bales – Bitten der Vögel im Winter
Samstag, 12. September 2020 |
Ute Bales, freie Schriftstellerin und Alumna der Universität Freiburg, erzählt in ihrem Roman „Bitten der Vögel im Winter“ von den nationalsozialistischen Verbrechen an den Sinti und Roma vor und während des zweiten Weltkrieges. Die Ereignisse werden aus Sicht der Protagonistin Eva Justin geschildert, Krankenschwester und Mitarbeiterin am rassenbiologischen Institut in Berlin.
Auf 410 Seiten lässt Ute Bales ihre Leserinnen und Leser an dem alltäglichen Leben einer Nazi-Mittäterin teilhaben und verschafft ihnen aufgrund gut recherchierter historischer Informationen einen Einblick in die verbreitete Denkweise der damaligen Zeit. Die Krankenschwester Eva Justin wird von Dr. Robert Ritter, Mediziner und Rassenforscher, angestellt, um ihm bei seiner rassenhygienischen Forschung und „Säuberung des deutschen Volkes“ zu helfen. Später geht sie mit dem verheirateten Chef eine Affäre ein. Ohne Widerrede führt sie jeden seiner Befehle aus und verhört Sinti und Roma, um später Gutachten zu schreiben, die über die Deportationen in die Konzentrationslager entscheiden. Skrupellos verordnet sie Sterilisationen, Abtreibungen, Zwangsarbeit und Transporte in die Lager. Auch Kinder und Senioren der Sinti und Roma werden aufgrund ihrer Gutachten ermordet.

Aus Liebe zu Ritter und Abhängigkeit von ihm hinterfragt sie nichts, stimmt ihm bei allem zu und entwickelt sich zur gefühlskalten Rassenfanatikerin. Der Wunsch, ihn zu beeindrucken und seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, lässt sie noch härter arbeiten, sogar nachts und am Wochenende, und somit noch mehr Menschen verhören und ins Elend stürzen.
Nach dem Krieg werden weder Eva Justin noch Dr. Robert Ritter für ihre Taten verurteilt. Ihr Strafprozess wird eingestellt und sie als politisch unbelastet und Ritter als Mitläufer eingestuft. Sie nehmen beide eine Arbeit in einer Jugendpsychiatrie in Frankfurt am Main auf und arbeiten ungestraft weiter. Später wird sie außerdem als Kriminalpsychologin eingestellt, wobei sie wiederum psychologische Gutachten für Strafprozesse schreibt und wird für Feldforschungen, wiederum in einem „Zigeunerlager“, eingesetzt.
Durch die detailreiche Sprache und ungefilterten Schilderungen, beispielsweise der Zustände in den Lagern, gelingt es der Autorin einen vollkommen authentischen Eindruck der damaligen Situation für die Leser zu kreieren. Dies gelingt ihr auch durch die ungewöhnliche Perspektive, nämlich die einer Täterin.
Für „Bitten der Vögel im Winter“ erhielt Ute Bales 2018 den Martha-Saalfeld-Förderpreis des Landes Rheinland-Pfalz.