Heideggers schwarze Hefte

Donnerstag, 6. November 2014 | 

Peter Trawny hat erstmals die sogenannten „Schwarzen Hefte” – Notizbücher mit ausformulierten Gedanken und Reflexionen – des  früheren Freiburger Universitätsrektors Martin Heidegger herausgegeben. Mit der Veröffentlichung wird die Diskussion neu entfacht, wie Heidegger als Mensch und als Philosoph bewertet werden kann.

Trawny studierte an der Ruhr-Uni Bochum, Wuppertal und in Freiburg und ist heute Professor für Philosophie an der Bergischen Universität in Wuppertal. Seit 2012 leitet er das dort ansässige Martin-Heidegger-Institut.

Die „Schwarzen Hefte“ sind in Heideggers Gesamtausgabe (GA) aufgenommen worden. Martin Heidegger: GA Band 94 (536 Seiten, 58 €), GA Band 95 (456 Seiten, 48 €) und GA Band 96 (286 Seiten, 37 €).
Die „Schwarzen Hefte“ sind in Heideggers Gesamtausgabe (GA) aufgenommen worden. Martin Heidegger: GA Band 94 (536 Seiten, 58 €), GA Band 95 (456 Seiten, 48 €) und GA Band 96 (286 Seiten, 37 €).

Heidegger gilt als einer der bekanntesten und zugleich umstrittensten Rektoren der Albert-Ludwigs-Universität. Fast zeitgleich mit seinem Amtsantritt wurde er Mitglied der NSDAP, von der er sich vereinnahmen ließ und deren Ideale er wenigstens zu dieser Zeit zu teilen schien. Ein Jahr später trat er von seinem Posten zurück, behielt aber seine Lehrtätigkeit, die ihm im Januar 1946 entzogen wurde.

Bis heute wird diskutiert,  zu welchen Zeiten er in welchem Umfang die Nationalsozialisten unterstützte und inwiefern er sich später von deren Regime distanzierte. Daneben stand immer die Frage nach seiner Einstellung gegenüber dem Judentum. Schließlich waren Edmund Husserl sein Lehrer und Hannah Arendt seine Schülerin, Geliebte und Freundin. Die „Schwarzen Hefte“ aus den Jahren 1931 bis 1941, die nun im Rahmen der Gesamtausgabe veröffentlicht wurden, sollen hier Licht ins Dunkel bringen.

Die auch in der Presse vielbeachtete Veröffentlichung von Heideggers Notizbüchern in drei Bänden löste eine erneute Debatte über den Philosophen aus. Die Rezensenten stoßen sich vor allem am dem Zitat: „Die Juden leben bei ihrer betont rechnerischen Begabung am längsten schon nach dem Rasseprinzip.“ Trawny sieht in diesem Satz nicht nur, dass Heidegger zeitgenössische Vorurteile gegenüber Juden aufgreift, sondern sie in seine Philosophie einbaue und so zu einer Art „seinsgeschichtlichen Antisemitismus“ erhöhe, wodurch sie eine „andere, erschreckende Dimension“ erhielten (ZEIT Online, 27. Dezember 2014).

Weiter wirft die Veröffentlichung die Frage auf, welchen Stellenwert diese Passagen haben und wie sie zu bewerten sind. Warum äußerte sich Heidegger zu einem Zeitpunkt, als er sich bereits vom Nationalsozialismus distanziert hatte, auf diese Weise? Letzlich bleibt die Frage offen, ob man den Menschen Heidegger vom philosphischen Werk trennen muss, trennen kann, trennen will.

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